Im Januar habe ich über eine Fernakademie einen Kompaktkurs zur Montessori-Pädagogik absolviert und ich möchte ein paar Sachen hier erwähnen, die mich sehr angesprochen haben und welche mich in meiner Arbeit mit den Kindern bestärken:
Jedes Kind möchte lernen. Es wird von innen heraus angetrieben (intrinsische Motivation). Das Ziel der Montessori-Pädagogik ist die Unabhängigkeit des Kindes vom Erwachsenen. Denn wenn man Jemandem alles abnimmt und ihn bedient, so beraubt man ihn der Möglichkeit der Unabhängigkeit.
Ich bereite die Umgebung des Kindes so vor, dass das Kind frei wählen kann, was es mit wem für eine Tätigkeit ausübt. Das regt sowohl die Lernprozesse des Kindes an, als auch die Interaktion mit den Anderen und dies fördert die Konzentrationsfähigkeit.
Das Kind soll seine Tätigkeit aus eigenem Antrieb heraus wählen dürfen und dann voller Konzentration damit verschmelzen. Das Kind ist vertieft und wirkt wie in einer meditativen Übung und blendet die Umwelt weitestgehend aus. Es arbeitet in seinem eigenen Tempo. Es wird weder über- noch unterfordert und entwickelt seinen eigenen Rhythmus.
Wenn dem Kind gegen seinen Willen und entgegen seine Lust das Arbeiten/Spielen aufgezwungen wird, kann es die Lust verlieren. Oft wird den Kindern auch die Möglichkeit der tiefen Konzentration genommen, indem das Spiel unterbrochen wird durch vermeintlich wichtige Hinweise oder Anweisungen des Erwachsenen.
Wenn das Kind alleine entscheiden kann, aus seiner individuellen Motivation heraus, dann erlebt es Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit und stärkt damit seine Persönlichkeitsentwicklung.
Das heisst nicht, dass das Kind machen darf und soll was es will, sondern der geschützte Rahmen wird hierbei vorgegeben innerhalb welchem das Kind dann seine Wahl treffen kann. Hier soll es eine angenehme wohlige Arbeitsatmosphäre geben und keine militärische Disziplin.
Kinder sind von Geburt an kooperativ und hilfsbereit, denn sie sind Gemeinschaftslebewesen. Kinder müssen von Anfang an erleben, dass ihren Bedürfnissen Beachtung geschenkt wird. Dadurch erlernen sie Empathie und können sich in Andere hineinfühlen und deren Gefühlswelt nachempfinden. Dadurch kann kooperatives Verhalten entstehen.
In der Montessori-Pädagogik muss man geduldig sein und viel beobachten. Ziel ist es die Kinder unabhängig vom Erwachsenen und selbstständig werden zu lassen.
Wenn ich das Kind immer wieder korrigiere entsteht bei dem Kind das Gefühl „Ich habe es nicht richtig gemacht, ich kann das nicht.“ Wenn sich das dann im Kind festsetzt, merkt man die Folgen oft wenn es in die Schule kommt. Es entstehen Versagensängste. Wir dürfen nicht von Fehlern sprechen und sagen, was noch alles verbessert werden muss. Fehler zu machen ist ganz normal und nur daraus können wir lernen, wenn wir sie selber erkennen und selber eine Lösung erarbeiten können. Das fördert unsere Persönlichkeitsentwicklung. Wir müssen immer davon ausgehen, dass das Kind alles gibt so wie es gerade kann.
Wir dürfen begleitend zur Seite stehen und Hilfestellung geben, damit das Kind unabhängig und selbstständig werden kann. Das kann das Kind nur entwickeln, wenn es Sachen selber ausprobieren darf und dabei auch Fehler machen darf, aus denen es dann lernen kann. Wenn ich dem Kind diese Möglichkeit verwehre oder abnehme raube ich ihm diese Entwicklungsmöglichkeit. Die Kinder lernen durch ihr Handeln und eigens erarbeitete Erfolgserlebnisse.
Kinder können sich zum Beispiel erst viel später selber anziehen, wenn wir das als Erwachsener dem Kind immer abnehmen, weil es dann schneller geht. Bei mir in der Betreuung dürfen selbst die kleinen Einjährigen bei den Mahlzeiten ihr Wasser mit einer kleinen Karaffe selber in ihre Becher schenken. Ja – dabei geht ständig etwas schief. Aber es ist nur Wasser! Die Kinder üben diese Tätigkeit immer, immer wieder und trainieren damit ihre Motorik und jedes Mal wenn das Wasser IM Becher landet sind sie unfassbar stolz und durch das selbst geschaffte Erfolgserlebnis werden Glückshormone ausgeschüttet, welche wiederum das Kind motivieren immer wieder Aufgaben selbst zu probieren und sich dies zutrauen.
Natürlich ist man mal in Eile oder hat einen stressigen Tag und nimmt dem Kind Etwas ab, aber dies darf einfach nicht zum Automatismus heranwachsen. Denn damit verwehre ich dem Kind ein Stück seiner Entwicklung.
Ich habe bei meinem zweiten Sohn zum Beispiel den Zeitpunkt des Schleifebindens dadurch verpasst. Ich habe es im Alltagswahnsinn zwischen Kindern, Haushalt, Alltag, Hund und Selbstständigkeit versäumt mir die Zeit zu nehmen und meinem Sohn den Rahmen zu geben das Schleifebinden zu üben und zu erlernen. Bis die Oma eines Nachmittags diesen Part übernahm und wir feststellen mussten, dass er motorisch schon lange dazu in der Lage war.
Am Hinderlichsten ist es wenn die Erwachsenen überängstlich sind im Hinblick auf die Verletzungsmöglichkeit des Kindes. Denn dies ist wichtig für die Entwicklung des Kindes, um mit Herausforderungen um zu gehen, sich selbst einschätzen zu lernen. Das Kind bekommt ein Gefühl für seine Kräfte, entwickelt ein Körperbewusstsein und seine Fähigkeiten. Lernt es das nicht, überschätzt es sich dann, wenn es auf sich allein gestellt ist und das Verletzungsrisiko ist dann viel grösser. Das Kind beim Kletter auf den Spielturm herauf- oder herunter zu heben hat nichts mit der Hilfe zur Selbsthilfe zu tun! Der Erwachsene sollte stattdessen dem Kind zeigen wie es geht. Manche Handlungen muss das Kind erfahren durch das Ausführen der eigenen Handlung. Das sollte der Erwachsene dem Kind auf keinen Fall abnehmen oder es bevormunden.
Als Pädagoge beobachte und analysiere ich das Kind genau und biete bei Schwierigkeiten entsprechende Hilfestellung. Das Kind muss diese Hilfe nicht Annehmen!
Dadurch entwickelt sich das Kind zu einem selbstständigen Individuum welches erfährt, dass seine Bedürfnisse und Belange geachtet werden. Es geht selbstständig und kritisch / hinterfragend durch´s Leben.